Gesamtinstandsetzung BG Zürich

Auftraggeber: Hochbauamt Kanton Zürich

Planung/Realisierung: Wettbewerb 2019

Auftragsart: Wettbewerb

Ausgangslage (Wettbewerbsprogramm)

Die Liegenschaft (AU 6382) an der Wengistrasse in Zürich mit einer gesamten Grundstücksfläche von 2'087 m2 ist Teil einer einheitlichen mehrgeschossigen Bebauung entlang der Feld-/ Wengi- und Schreinerstrasse. Der gesamte Komplex wurde zwischen 1979 – 1981 in Stahlbetonskelettbauweise erstellt. Ein Grossteil der Gebäudetechnik stammt noch aus dieser Zeit. Aufgrund dieser und weiterer baulicher Unterhaltsrückstände in allen Bereichen muss die Liegenschaft gesamtheitlich instandgesetzt werden. Die Gesamtinstandsetzung ist verbunden mit einer vorübergehenden Auslagerung des Gerichts.

 

Analyse Städtebau

Das Aussersihlquartier ist im Umfeld des Bezirksgerichts von einer Mischform aus Wohn- und Gewerbebauten geprägt. In Blockrandbebauungen treffen Wohnbauten aus der Gründerzeit auf neuere Büro- und Gewerbebauten. Die Gründerzeitbauten können wie folgt charakterisiert werden: Massivbauten mit verputzten Lochfassaden, klar formulierter Gebäudesockel, gegliederte Fassaden mit horizontalen Brustbändern und übereinanderliegenden Fenstern mit gleichartigen Formaten, markante Dachgesimse, lebendige Fassadentektonik, nur wenig Abstimmung der Geschosshöhen und Dachränder zwischen den einzelnen Liegenschaften, starke farbliche Differenzierung der einzelnen Gebäude. Im Unterschied dazu lassen sich die Gewerbebauten wie folgt beschreiben: Massivbauten mit elementierten Fassadenverkleidungen, Bandfenster mit Brüstungen, in der Regel grosse liegende Fensterformate. Der Strassenraum weist im Bereich Wengistrasse den klassischen Charakter einer Quartierfeinerschliessungsstrasse auf. Der Baumbestand nordseitig der Strasse wertet den Strassenraum auf und sollte mindestens zum Teil erhalten oder ersetzt werden. Im Bereich Schreinerstrasse wirkt der Strassenraum etwas unentschieden, weder Strasse noch Platz. Dieser könnte bestimmt noch gestalterisch aufgewertet werden, zB. mit einem Angebot an Veloparkierungen und Bäumen.

 

Analyse Gebäude

Das Gebäude besteht aus einem Stahlbetonskelettbau mit einer elementierten, nicht tragenden Fassade. Entlang den Fassaden findet sich ein Stützenraster von abwechselnd  2 bzw. 3 Fensterrastern à 1.5m Breite. Die Fenster- bzw. Fassadenelemente weisen Brüstungen auf und sind in der Ansicht von aussen tektonisch stark gegliedert. Sie überspielen das bestehende Stützenraster. Das Gebäude weist ein Hochparterre aus und die Geschosse differenzieren in der Höhe deutlich (EG 3.9m, 1.OG 3.5m, 2.-4. OG 3.2m). Das Sockelgeschoss ist zudem mit einem Vordach ähnlichen Gesimse stark betont. Das führt zu einem Massstabsprung zwischen EG und OG’s. Eine Passerelle verbindet die Liegenschaft an der Wengistrasse 30 mit derjenigen der Wengistrasse 28. Das zur Zeit im Umbau befindliche Nachbargebäude an der Feldstrasse 40+42 ist Teil des gleichen Komplexes mit identischer Baustruktur und Geschosshöhen. Es soll im EG Läden und in den OG’s Wohnungen erhalten. Die Fenster der Obergeschosse verweisen in Grösse und Proportion auf eine Wohnbaunutzung. Sie sind hochformatig vorgesehen und liegen übereinander. Somit lässt sich der dahinterliegende Stützenraster erahnen. Im Erdgeschoss wird die Hochparterresituation mit ebenerdigen Zugängen und internen Treppen überspielt. Mit der vorgesehenen Materialisierung wird das Sockelgeschoss klar gegenüber den Obergeschossen differenziert.

 

Fazit aus der Analyse und Themen für das architektonische Konzept:     

•  verputzte, nicht elementierte  Lochfassade     

•  Fassadengliederung horizontal durch Sockel, Brustbänder und Dachgesimse     

•  Fassadengliederung vertikal durch übereinander liegende, hochformatige Fenster     

•  lebendige Fassadentektonik     

•  klar definiertes Sockelgeschoss

 

Architektonisches Konzept für die Fassadengestaltung

Wir schlagen vor, die bestehende Gebäudestruktur gegen aussen ablesbar zu machen. Das Fensterraster von 1.5m welches durch die Flexibilität der Nutzung gefordert ist wird beibehalten. Mit dem Einsatz von Fenstern ohne Brüstungen in den Obergeschossen verweisen wir auf moderne Büro- bzw. Verwaltungsbauten (bsp. Dudler) und erreichen eine gute Belichtung in der Gebäudetiefe. Zudem ermöglichen diese einen Blick vom Arbeitsplatz in den Strassenraum. Die schmalen Fenster können in jeder zweiten Achse zur Lüftung manuell geöffnet werden. Eine Automatisierung zur Nachtauskühlung ist denkbar. Der Sonnenschutz wird mittels eines leistungsfähigen Lammellenstorens bewerkstelligt. Es werden keine neuen geschlossenen Fassadenteile geschaffen. Die Fassadenverkleidung im Bereich der Stützen und Deckenstirnen erfolgt mit einer hochwertigen, leichten und kompakten Aussenwärmedämmung mit Kratzputz. Sie orientiert sich auch dank der vertikalen Brustbändern und Dachrandgesimsen in Beton an den Fassaden der Gründerzeitbauten in der unmittelbaren Nachbarschaft. Das vorgeschlagene Konstruktionsprinzip ermöglicht eine einfache und auch preiswerte Ausgestaltung der verschiedenen Anschlussdetails aufgrund der lebendigen Volumetrie des 4. Obergeschosses und des Attikageschosses. Die Erweiterung der Geschossflächen gegen die Wengistrasse bewerkstelligen wir mit einer analogen Stahl- und Betonverbundkonstruktion wie diese an der Feldstrasse 40 + 42 angewendet wurde. Das Erdgeschoss differenzieren wir klar von den Obergeschossen, was auch der eher öffentlichen Nutzung geschuldet ist.  Ein Sockel in Beton, welcher im Innern zur Brüstung wird gibt die nötige Distanz zum Strassenraum und spannt die Fassade von der einen strukturellen Öffnung zur anderen. Die Befensterung darüber wird mit einer Lamellierung in Betonelementen vertikal gegliedert und schliesst in der Perspektive, was zu einer erwünschten Diskretion der Gerichtsräumlichkeiten im Erdgeschoss führt. Der Zugang an der Gebäudeecke verdeutlicht den Bezug zu den beiden Strassenräumen (Wengistrasse und Schreinerstrasse). Die Materialisierung der Erdgeschossfassade in gestocktem bzw. mit Rilleneinlagen versehene Beton verkörpert eine angemessene Repräsentanz und Festigkeit. Mit dem sparsamen Einsatz der verschiedenen und spezifisch gewählten Gestaltungs- und Konstruktionsmitteln erreichen wir ein homogenes Erscheinungsbild welches sowohl repräsentativ wie auch klar und einfach wirkt. Die vorgeschlagene Fassadenkonstruktion der Obergeschosse ist kostengünstig, einfach in der Montage weil kleinteilig und energieeffizient. Im Erdgeschoss kann mit Ortbeton gearbeitet werden, ohne dass ein Kran oder weitere aufwändige Baustelleninstallationen nötig wären.

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